Leitbild

In der Vorbereitung für einen Workshop habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass viele Chöre in der Schweiz ihr Leitbild formuliert haben, dass in Deutschland vor allem Musikschulen ein Leitbild publiziert haben … aber in Österreich? Die Beispiele halten sich in Grenzen …

Schade eigentlich, denn so erschließt sich für den Außenstehenden und wahrscheinlich auch oftmals für das Mitglied bei Erkundungstouren durch das web nur ansatzweise, was den dargestellten Chor einzigartig und interessant macht.

Ein Leitbild ist die Verschriftlichung der obersten Grundwerte und Spielregeln einer Organisation, quasi deren Visitenkarte nach außen, aber auch gegenüber den eigenen Mitgliedern. Es gibt den Rahmen vor, nach dem sich die alltäglichen Handlungen einer Organisation orientieren und beschreibt jenen Idealzustand, nach dem alle Mitglieder der Organisation ihre Aktivitäten richten sollen.

Durch den aufwändigen Prozess der Erarbeitung des Leitbildes mit Mitgliedern der Organisation, externen Stakeholdern und einem Diskussionsprozess innerhalb der Organisation entsteht ein gemeinsames Bild über Sinn und Zweck, Hauptaufgaben sowie die Form der internen Zusammenarbeit bzw. des internen Zusammenlebens im Chor.

Das Leitbild geht weit über Vereinsstatuten hinaus, und es geht tiefer in die Strukturen und das gemeinsame Miteinander hinein.

Die Erarbeitung ist mühsam und langwierig, aber lohnend – sowohl für die Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Struktur als auch für die Kommunikationswirkung nach außen!

 

Der Schlüssel zur künstlerischen Freiheit. Oder: Warum Kulturmanagement und Selbstmarketing für Chorleiter ein Muss sind

Der oder die künstlerische LeiterIn eines Chores ist ein relevanter Stakeholder eines Chores. Ganz klar, ohne Dirigent, ohne Leitung tut sich ein Chor schwer, einer Interpretation zu folgen, auf einen runden, ausgewogenen Klang hinzuarbeiten, sich auf ein Programm zu einigen, einen roten Faden für ein Programm herauszuarbeiten, fachlich kompetent und zielgerichtet zu arbeiten. Einverstanden. Das betrifft die rein künstlerische Arbeit.

Aber wie sieht es mit allen anderen Aufgaben aus? ChorleiterInnen stöhnen immer wieder über die viele organisatorische Arbeit, die in der Ausübung ihres Berufes anfällt – lieber würden sie nur oder wenigstens hauptsächlich künstlerisch arbeiten, aber wenigstens die Hälfte bis zu ¾ der Arbeitszeit würde für Chormanagement- und Chororganisationsaufgaben aufgehen.

Müssen nun ChorleiterInnen diese Arbeiten ausführen und daher einen Schritt weiter logisch gedacht auch dafür ausgebildet werden oder sollen sie sich nur auf die künstlerische Arbeit beschränken?

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Diese Frage tauchte jüngst bei einer meiner Buchpräsentationen wieder die Frage auf. Aus meiner Perspektive eindeutig ja! Von der Vorstellung, nur künstlerisch arbeiten zu müssen, sollten sich Chorleiter gleich mal wieder verabschieden: das entbehrt erstens jeder realistischen Grundlage – selbst Topchorleiter müssen sich mit organisatorischen und Fragen des Managements auseinandersetzen. Und zweitens versetzt die aktive Auseinandersetzung mit Kultur- und Selbstmanagement den Künstler von einer passiven Rolle des „Auf sich Zukommen Lassens“ in ein aktives Umgehen mit Ökonomie und Organisation versetzt und gibt ihm damit den Schlüssel zur künstlerischen Freiheit unter den Bedingungen des 21.Jahrhunderts in die Hand. Im übrigen nicht nur den Chorleiter, sondern jeden Künstler.

Diese Ansicht teilt auch Ina Roß, Dozentin für Kulturmanagement und Selbst-Marketing in Berlin, nachzulesen in ihrem Text zum Thema Selbstmarketing als Bestandteil der künstlerischen Ausbildung.

http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=8030%3Aina-ross-kuenstlerbild&catid=101%3Adebatte&Itemid=84

Die Stakeholder eines Chores

Einen Schritt weiter – jetzt werden die Stakeholder des Kulturbetriebs „Chor“ ganz konkret gefasst – um die geht es, um deren Bedürfnisse und Interessen muss sich erfolgreiches Chormanagement drehen.

Da sind zunächst die internen Stakeholder – das sind jene, die ganz nah und unmittelbar an der Erfüllung des kulturellen / künstlerischen Auftrags dran sind und die Chorarbeit im engsten Sinn erfüllen:

Die SängerInnen, die künstlerische Leitung, das meist ehrenamtliche Führungsteam (der Vereinsvorstand, das Präsidium o.Ä.).

Der nächste Kreis der Stakeholder, einen konzentrischen Kreis weiter nach außen gedacht, umfasst jene Gruppen, die an der Erstellung des Produktes auch beteiligt sind oder Konsumenten des Produktes sind:

Ehren- und hauptamtliche MitarbeiterInnen, das Publikum, also die Kunden des Chores, Kooperationspartner (wie Solisten, Dirigenten, Komponisten, Orchester, andere Chöre usw.), Auftraggeber (wie externe Veranstalter, Agenturen o.Ä.), Lieferanten (Post, Telefonanbieter, Botendienste usw. für den administrativen Bereich; Grafiker, Fotografen etc. für die Umsetzung der Corporate Communication, u.Ä.), Verlage (insbesondere Musikverlage – relevant die Frage des Urheberrechts), und sämtliche Geldgeber, seien dies Spender, Sponsoring-Partner oder Subventionsgeber (Zuwendungen seitens der öffentlichen Hand).

Noch einen Schritt weiter nach außen gedacht sind für eine Chor Bund, Länder, Gemeinden (z.B. durch Gesetzgebung, Verordnungen oder Bescheide), Verbände, die Öffentlichkeit und die Gesellschaft für den Chor relevante Stakeholder.

08 Abb Stakeholder eines Chores

Alle diese genannten Gruppen sind unmittelbar oder mittelbar von der Erfüllung des künstlerischen Auftrags (der Chorarbeit, die in einem Auftritt mündet) betroffen, haben unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Bedürfnisse, die der Chor kennen und auf die er seine Arbeit ausrichten sollte, um erfolgreich zu sein.

In den folgenden Blogs werde ich nacheinander die Besonderheiten der einzelnen Stakeholdergruppen vertiefen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Chorarbeit herausarbeiten.

Buchrezension Nr. 2 – Schwäbischer Chorverband

„Das Umfeld, in dem Chöre agieren, ist im stetigen Wandel. Dabei treten Chöre in Kommunikation, Kooperation und Konkurrenz mit anderen Kultur- und Freizeitanbietern, Interessensvertretern, mit ihrem gesamten Umfeld. Diese Stakeholder nimmt Alexandra Jachim in ihrem kürzlich erschienenen Leitfaden „Erfolgreiches Chormanagement“ in den Blick.“ schreibt Johannes Peffer im Weblog des Schwäbischen Chorverbandes.

Die Rezension verfasst von Johannes Pfeffer ist in voller Länge unter http://www.singen-und-stimme.de/?p=16319 zu lesen!

Buchpräsentation im Rahmen des Musikwirtschafts-Jour Fixe

Am vergangenen Montag (25.4.13) präsentierte ich im Rahmen des Musikwirtschafts-Jour Fixe auf Einladung von ao.Prof. Dr. Peter Tschmuck am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft mein Buch „Erfolgreiches Chormanagement. Ein Leitfaden“ und genoss anschließend eine lebendige und anregende Diskussion mit vielen choraffinen Menschen.

Thanks for coming!

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Last reminder – Buchpräsentation 22.4.2013

Nicht vergessen – morgen, Mo,22.4.2013 präsentiere ich um 19.00 am Institut für Kulturmanagement (Schlagzeugerhaus, 1. Stock) an der Musikuniversität Wien, Anton von Webern Platz 1, 1030 Wien mein Buch „Erfolgreiches Chormanagement. Ein Leitfaden“ im Rahmen des Musikwirtschafts-Jour-Fixe von ao.Prof. Dr. Peter Tschmuck. Anschließend werden wir über aktuelle Herausforderungen der Chorszene diskutieren! Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, zu kommen!

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Ich freue mich auf dich!

Erste Buchrezension online!

Heute ist online die erste Rezension zu meinem Buch „Erfolgreiches Chormanagement. Ein Leitfaden“ erschienen – am Musikwirtschaftsforschungs-Blog von Peter Tschmuck:

“Der Chor ist ein Kulturbetrieb, und sein Wirkungsbereich geht weit über das Singen hinaus” (S. 110). Das ist die Kernbotschaft des jüngst im facultas Verlag erschienen Buches “Erfolgreiches Chormanagement. Ein Leitfaden” von Alexandra Jachim. Die Autorin weiß, wovon sie spricht. Als studierte Betriebswirtin und Absolventin des postgradualen Kulturmanagement-Lehrgangs am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (IKM) der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien verbindet sie ihre wirtschaftlichen Kenntnisse mit ihrer Erfahrung im Chorwesen, in dem sie seit über 20 Jahren aktiv als Sängerin und als Chormanagerin aktiv ist. Wie der Untertitel des Buchs bereits andeutet, handelt es sich bei diesem Buch um einen Handlungsleitfaden für alle im Chorwesen Beschäftigten und daran Interessierten. …“

Die gesamte Rezension ist unter

http://musikwirtschaftsforschung.wordpress.com/2013/04/18/erfolgreiches-chormanagement-eine-buchbesprechung/

zu finden.

Wie finde ich die Stakeholder und wie gehe ich mit deren Ansprüchen um?

Um sich an den Stakeholdern des Kulturbetriebs orientieren können, sind zwei wichtige Kernfragen zu klären: Wer sind die Stakeholder und wie gehe ich mit deren Ansprüchen um?

Bei der Suche nach der Antwort auf die Frage, mit wem man es überhaupt zu tun hat, ist sie Orientierung an folgenden Kriterien hilfreich:

Teilnahme und Stellungnahme
Sind die Akteure im Zusammenhang mit einem Thema oder Problem durch eine positive oder auch negative Äußerung oder Handlung in Erscheinung getreten? Z.B. Kritiker, wichtige Personen der Chorszene, einflussreiche Kulturpolitiker

Formale Position
Haben die Akteure eine formalisierte, also vertragliche Beziehung zur Organisation? Z.B. die Mitglieder des gewählten und damit legitimierten Vereinsvorstandes, der Rechnungsprüfer, ein Veranstalter

Vermutetes Interesse
Z.B. die Chormitglieder, das Publikum, die Gemeinde Meinungsführerschaft Akteure können unmittelbar betroffen sein oder indirekt andere Stakeholder beeinflussen. Z.B. treue engagierte Fans im Publikum, die ihre Begeisterung, aber auch ihre Enttäuschung nach einem Konzert via Facebook öffentlich machen

Aufgabenumfeld
Haben die Akteure mehr oder weniger direkte wirtschaftliche Beziehungen mit der Organisation? Z.B.: haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter, Publikum usw.

Demographische Kriterien
Diese helfen weniger bei der Identifizierung der Stakeholder, sondern geben Aufschluss über deren Zusammensetzung bei einer weiteren Differenzierung. Z.B. das Publikum: Wie ist die Altersstruktur? Wie ist der Bildungsgrad (vielleicht für die Programmgestaltung von Bedeutung)?, Von woher reisen Besucher zum Konzert an? etc.

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Wie registriere und berücksichtige ich die Veränderlichkeit der Anspruchsgruppen über die Zeit?

Die Definition der Stakeholder ist kein einmaliger Akt, sondern ein dauernder Prozess der intensiven Beobachtung, Analyse, Bewertung und Reaktion. Denn: Probleme werden beigelegt, Allianzen lösen sich auf oder bilden sich neu, Rahmenbedingungen verändern sich. Diesen Veränderungen über die Zeit muss in der stetigen Auseinandersetzung mit den Anspruchsgruppen Rechnung getragen werden. Dabei können Beziehungen zwischen verschiedenen Stakeholdern wie auch zwischen Stakeholdern und der Organisation sowohl kooperativ, als auch unterstützend als auch konfliktträchtig oder durch Interessensgegensätze geprägt sein. Die Vertiefung der Beziehungen zu unterstützenden Stakeholdern gehört daher ebenso dazu wie die Abwehr illegitimer oder der Organisation feindlich gesonnener Stakeholder.

Diese Beschreibungen mögen hölzern und mühselig erscheinen! Aber um den Ansatz des Stakeholdermanagements umfassend zu verstehen, ist das Verstehen der Grundlagen unerlässlich. Einige wenige Blogs folgen noch, dann wird Stakeholdermanagement praktisch und greifbar! Bitte entweder durchhalten oder beim Lesen pausieren!

Stakeholdermanagement – Was ist das und was hat das mit dem Kulturbetrieb zu tun?

Ich nähere mich dem Begriff step by step: „The stake“ ist die Beteiligung, der Anteil, im immateriellen Sinn (und ist nicht mit dem Steak zu verwechseln …).

Die „stakeholder“ werden definiert als Anspruchsgruppen bzw. Interessengruppen im Umfeld oder innerhalb einer Organisation (vgl. Theuvsen, Münster 2001). Schon einen Eindruck, wer die sein können? Noch zu allgemein? Dann konkreter: Stakeholder sind solche Gruppen, die eine Beteiligung an einem oder Anspruch auf ein Unternehmen haben. Insbesondere zählen hierzu Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre und der lokalen Gemeinschaft, sowie Management in seiner Rolle als Vermittler für diese Gruppen (vgl. Freeman/Evan, 1993). Und noch aus einem weiteren Blickwinkel: Zu den Stakeholdern zählen alle Individuen und Gruppen, die auf die Erreichung der Organisationsziele Einfluss nehmen können oder selbst durch die Verfolgung der Organisationsziele betroffen sind. (Vgl. Liebl 1996, vgl. Eschenbach / Horak 2003). Die Ansprüche gehen dabei über die rein ökonomische Sphäre hinaus – eine Vielzahl verschiedener Werte kommt ins Spiel. Die Stakeholder sind also an der Organisation, dem Unternehmen, dem Kulturbetrieb, an deren Input, Produktion, Output beteiligt, aber eben immateriell und nicht materiell, daher sind die Stakeholder nicht mit dem Shareholder, der Unternehmensanteile besitzt und diese auch zu Geld machen kann, zu verwechseln.

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Management in Kulturbetrieben bezeichnet alle Steuerungen zur Erstellung und Sicherung von Leistungen, die sich in einer komplexen und veränderbaren Umwelt abspielen und die auf Austauschbeziehungen zwischen Anbietern (Künstler, Chor, Orchester, Ensemble, Theatergruppe etc.) und Nutzern ausgerichtet sind (Heinrichs, Klein, München 2001).

Stakeholder-Management bedeutet daher, die Anspruchsgruppen und deren Bedürfnisse, Interessen und Erwartungen zu einem Kernthema des strategischen Managements zu machen. Im Mittelpunkt steht das Ziel, einen Beitrag zur langfristigen Überlebensfähigkeit einer Organisation zu leisten.

Stakeholder-Management ist ganz besonders für den Kulturbetrieb, noch mehr für den NPO-Betrieb, ein Kernthema. Das Kennen seiner Anspruchsgruppen, die Beurteilungsfähigkeit ihrer Bedeutung und Wichtigkeit und deren Berücksichtigung in der strategischen Ausrichtung und in der operationalen Umsetzung macht den Kulturbetrieb zu einem exzellenten Betrieb. Das Zusammenspiel der optimierten Leistungserbringung in allen relevanten Teilbereichen (inklusive der künstlerischen Leistung, aber eben nicht ausschließlich!) bewirkt eine Qualitätsverbesserung der künstlerischen Leistung an sich. Gleichzeitig führt dies aber auch zur Verbesserung des Auftritts nach außen, der nach den eigenen Vorstellungen glaubwürdig und authentisch gestaltet wird, zur Verbesserung der Arbeit überzeugter und engagierter Mitarbeiter, zur Verbesserung der Wahrnehmung der Professionalität durch Vertrags-, Kooperationspartner, der Kompetenz und Verlässlichkeit usw.

Wer nun die Stakeholder eines Kulturbetriebs sind, lesen Sie im nächsten Beitrag!

Zieldefinition im Kulturbetrieb am Beispiel Chor

Haben Sie einmal Mission und Vision formuliert (siehe letzter Blogbeitrag), ist die nächste Aufgabe, daraus Ziele abzuleiten und diese in Strategien zur Zielerreichung herunter zu brechen. Die strategischen Ziele spannen den großen Bogen, geben die große Linie vor. Die operationalen Ziele beschreiben dann, wie die strategischen Ziele bezogen auf konkrete Aufgabenbereiche in die Tat umgesetzt werden. Operationalisierbar bedeutet, dass die Zielerreichung messbar ist. Nach wie vor sind die Zieldimensionen des Kulturmarketings (Kulturauftrag erfüllen, eine bestimmte Zielgruppe erreichen, den Bestand der Kultureinrichtung sichern) Basis für die Arbeit im Kulturbetrieb und die Besonderheiten der Nonprofit-Organisation (siehe frühere Blogs) zu berücksichtigen. Die Legitimation für den NPO-Kulturbetrieb kommt nicht aus der Gewinnorientierung, sondern aus künstlerischen, kulturpolitischen, ästhetischen, kulturpädagogischen oder inhaltlichen Zielsetzungen.

Im Prozess der Zielvereinbarung geht es darum, mehrere Zieldimensionen im Auge zu behalten:

1. Inhaltliche Leistungsziele, also den Zielinhalt und den angestrebten Zielerreichungsgrad
Z.B.: Welche Bedeutung soll zeitgenössischer Chorliteratur entgegengebracht werden? Welche Qualitätsansprüche werden an die Sänger gestellt?

2. Die Zielgruppen
Z.B.: Welche Zielgruppen sollen mit welchen Konzertprogrammangeboten vorrangig erreicht werden?

3. Finanzziele, die den zur Zielerreichung nötigen personellen, finanziellen und sachlichen Ressourcenaufwand fixieren.

4. Personenbezogene Ziele, die sich auf die Entfaltungsmöglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter beziehen
Z.B. Eine MitarbeiterIn soll mittelfristig die Website ganz selbstständig betreuen, Informationen einpflegen, aktuelle Fotos in entsprechender Auflösung und Qualität hochladen o.Ä.m.

5. Die zeitliche Dimension, also ob es sich um ein lang-, mittel- oder kurzfristiges Ziel handelt.

6. Quantitatives oder qualitatives Ziel
Z.B.: erzielte Einnahmen oder künstlerisch einzigartige Performance

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Im Idealfall entsprechen die Zieldefinitionen den SMART-Kritierien, das bedeutet, dass die Ziele spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminbezogen formuliert sind. Damit werden sie erstens konkreter und zweitens kann hinterher klar beurteilt werden, ob Ziele erreicht wurden oder nicht.

Spezifisch bedeutet, unmissverständlich zu benennen, worum es geht. Die Formulierung soll keinen Spielraum für Interpretationen oder Nachforderungen übrig lassen.

Messbar meint, Ziele so zu formulieren, dass später objektiv erkennbar und nachweisbar ist, ob das Ziel eingehalten und erreicht wurde, oder nicht. Begriffe wie „höher“, „weiter“, „besser“, „mehr“ oder „zufrieden“ helfen bei der Überprüfung der Zielerreichung nicht weiter!

Attraktiv bedeutet, dass man die Zielerreichung weitgehend selbst beeinflussen kann. Man beschreibt also bei der Zielformulierung bereits den beabsichtigten Endzustand, als ob er bereits eingetreten wäre. Realistisch meint, dass das Ziel anspruchsvoll, aber nicht unerreichbar formuliert werden soll. Das formulierte Ziel soll eine erreichbare Zukunftsperspektive darstellen.

Realistisch meint, dass das Ziel anspruchsvoll, aber nicht unerreichbar formuliert werden soll. Unerreichbare Ziele wirken demotivierend und zerstören den Handlungsantrieb. Das formulierte Ziel soll eine erreichbare Zukunftsperspektive darstellen.

Terminbezogen bedeutet, die Zielkontrolle dadurch zu unterstützen, dass bereits bei der Formulierung des Ziels festgelegt ist, zu welchem Zeitpunkt (eindeutiger Endtermin!) ein Ziel erreicht sein soll.

Zielkonflikte sind dabei nicht zu vermeiden. Es gilt, sie zu erkennen und eine Abwägung in der Priorität der Zielerreichung zu treffen.

Wofür diese grundsätzlichen Überlegungen in der Praxis so überaus wertvoll sind, wird durch ein praktisches Beispiel aus dem Chorleben leicht nachvollziehbar:

Sie planen ein Konzert Ihres Chores mit zeitgenössischer a cappella Literatur. Gehen wir davon aus, dass Sie sich entsprechend Ihrer Mission als Spezialist für die Interpretation dieser Chorliteratur verstehen. Gleichzeitig wissen Sie, dass Ihr Publikum lieber romantische Chormusik (z.B. Werke von Johannes Brahms oder Anton Bruckner) hört und auch ein Teil Ihrer Sänger diese Literatur lieber aufführt als zeitgenössische Werke. Zudem ist die Probenarbeit weit aufwändiger für ein zeitgenössisches Programm. Der Finanzierungsbedarf ist also höher als bei einem romantischen Programm und die Begeisterung Ihres Publikums scheint zurückhaltender zu sein, wenngleich Sie bei einem solchen Programm stark auf die Abendeinnahmen angewiesen sind. Öffentliche Förderungen wiederum sind nach Ihrer Erfahrung leichter für ein zeitgenössisches als für ein romantisches Programm zu erzielen. Die Beschreibung der Auswirkungen auf Ihre unterschiedlichen Anspruchsgruppen könnte noch weiter ausgeführt werden. Klar wird an diesem Beispiel, dass die Beurteilung, ob ein solches Projekt in Ihr Zielsystem passt und wie gegensätzlich Ihre Ziele sein können, überaus komplex ist. Sie stehen dann vor einer wirklich großen Herausforderung und werden auch über Zielhierarchien, also die Frage, die Verfolgung welcher Ziele Ihnen wichtiger ist, entscheiden und Zielkonflikte lösen müssen.

Ein Zielsystem ist nicht als Einschränkung und enges Korsett zu verstehen, in das man sich nicht gerne zwängen lassen will, sondern vielmehr eine unterstützende Basis für Entscheidungen und die Erfüllung der anstehenden Aufgaben. Egal, ob es dann um Fragen der Erfüllung des künstlerischen Auftrags, um Fragen der Zielgruppen oder um Fragen der Bestandssicherung geht, kann auf der Grundlage klar definierter Ziele im Konfliktfall klarer und rascher die passendste Lösung gefunden werden.

Mission und Vision im Kulturbetrieb am Beispiel Chor

Wenn man in einem Chor danach fragt, wofür dieser steht und was er verwirklichen will, welchem kulturellen Auftrag er sich verpflichtet fühlt, erhält man allzu oft fragende Blicke oder die Antwort „Wir singen diese und jene Werke bei diesem oder jenem Anlass mit diesen und jenen Partnern!“ oder „Wir müssen uns nach der Nachfrage durch Veranstalter richten. Aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen können wir uns gar nicht in dem Bereich verwirklichen, der uns eigentlich ein Anliegen ist.“ oder „Das ist doch eh klar. Wir machen das, was sich in den letzten Jahren für uns bewährt hat.“ Stimmt schon, das ist oft die Realität, der man sich gegenüber sieht. Aber was will man eigentlich inhaltlich?

„Wer nicht weiß, wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt“, wusste bereits Mark Twain.

_NIK4503_5_7Das gilt für Kulturbetriebe ebenso: Abseits des Choralltags und losgelöst von der Bewältigung organisatorischer Aufgaben sollten sich Chorleitung und Führungsgremium mit der Grundsatzfrage auseinandersetzen, was man eigentlich will, wofür man steht, worin man seine Einzigartigkeit und seine besonderen Fähigkeiten sieht. Man spricht von der Formulierung der eigenen Mission – vom „reason for being“, also dem Grund, warum es den Kulturbetrieb, den Chor, überhaupt gibt. Ein oder zwei Sätze beantworten Fragen wie „Wofür halten wir uns kompetent?“, „Wo liegen die wahren Möglichkeiten und Bedürfnisse in unserem Umfeld?“, „Wie können wir diese Bedürfnisse mit unseren begrenzten Mitteln realisieren?“ und „Glauben wir auch daran, haben wir das Committment, die gestellten Aufgaben zu erfüllen?“.

Durch die Formulierung von Grundwerten und der Grundausrichtung kann sich der Kulturbetrieb Chor in weiterer Folge auf seine wichtigsten Aufgaben und Handlungen fokussieren. Das sogenannte Mission Statement dient als Orientierungshilfe und normativer Rahmen, innerhalb dessen zielorientiert alle weiteren Handlungen gesetzt werden.

Der zweite wichtige Aspekt ist, diese Grundausrichtung in eine Vorstellung für die Zukunft, die Vision, überzuleiten. Die Vision wird aus der Mission weiterentwickelt und beinhaltet eine Antwort auf die Frage, warum es den Kulturbetrieb, den Chor, auch noch nach einigen Jahren nicht nur geben soll, sondern geben muss, wohin er sich in den nächsten Jahren entwickeln will. Aus der Mission wird also einerseits die Grundlage der dauerhaften Existenz abgeleitet und gleichzeitig andererseits ein positives Abbild der Entwicklung gezeichnet, das der Kulturbetrieb aus seiner Mission heraus in der Zukunft erreichen will.

Erst wenn das klar ist, können lang-, mittel- und kurzfristige Ziele formuliert und nachhaltig verfolgt werden, können Ressourcen auf diese Ziele hin geplant und eingesetzt werden, können Finanzierungen für Projekte gesucht werden usw.

Idealerweise gibt man diesen Grundsatzüberlegungen in einer eigens dafür vorgesehenen Sitzung, in einer Klausurtagung o.Ä. Platz, damit operative Fragen des Choralltags, die sonst stets dringlicher sind, nicht die Grundsatzdiskussion überlagern. Wichtig ist, ein einhelliges Grundverständnis über Mission und Vision unter allen handelnden Entscheidungsträgern herzustellen. Nur so ist gewährleistet, dass alle Beteiligten die gleiche Zielrichtung eingeschlagen haben und den Chor in dieselbe Richtung  weiterentwickeln wollen. Uneinigkeit in der Grundrichtung vereitelt konstruktive Arbeit in der Umsetzung der Mission und Vision, verursacht in der Folge Zielkonflikte und lässt Maßnahmen des Kulturmarketings ins Leere gehen.

Lesen Sie im nächsten Blog weiter über Ziele und Strategieentwicklung im Kulturbetrieb!

Was ChorsängerInnen neben dem Singen wichtig ist: Eine empirische Untersuchung unter ChorsängerInnen.

ChorsängerInnen teilen die Leidenschaft zum gemeinsamen Musizieren. Was aber ist für ChorsängerInnen abseits des Singens wichtig, worauf legen sie wert, wie sehr identifizieren sie sich mit dem Chor, wie sehr bringen sie sich mit ehrenamtlicher Arbeit ein und tragen so wesentlich zum gemeinsamen Ganzen bei?

Die Ergebnisse einer Online-Befragung (Quantitative standardisierte Erhebung mittels Online-Fragebogen, 2012), an der 1.176 ChorsängerInnen (62% Frauen, 38% Männer) aus ganz Österreich teilnahmen, geben ein aktuelles Bild:

63% aller Befragten singen in einem Laienchor, 31% in einem semiprofessionellen und 6% in einem Profichor. 20% sind Mitglied eines Projektchores, 80% ordneten ihren Chor der Kategorie „Chor mit Stammbesetzung“ zu.

Stärkster Beweggrund für Chorsingen ist, gerne in der Gruppe zu musizieren (99,5%). Am zweitwichtigsten ist der Chor als soziale Einheit (66%). Danach erst folgen künstlerisch-musikalische Kriterien  „Die Projekte des Chores sind interessant“ (63%) und „Ich identifiziere mich mit den Projekten des Chores“ (55%). Gerne mit dem Chorleiter zusammenarbeiten zu wollen, folgt erst auf Platz fünf mit 53%. Bezahlung spielt eine untergeordnete Rolle.

Die entscheidendste Restriktion, die ein Chormitglied am Mitsingen hindert, sind andere Termine (31%), die Frage des musikalischen Programms ist relativ dazu nicht so bedeutend (16,6%).

Viele SängerInnen wünschen sich generell, stärker an der Entscheidungsfindung über die Chorarbeit eingebunden zu werden. 25% wären gerne regelmäßig (tatsächlich sind es 18%), 55% gerne manchmal einbezogen (gegenüber 49% tatsächlich Einbezogenen). 32% sind derzeit nie einbezogen, aber nur 19% wollen auch nie einbezogen werden.

Ehrenamtliche Arbeit ist sowohl in Amateurchören (91%) als auch in Profichören (75%) gefragt. Das persönliche tatsächliche Engagement liegt weit unter diesem Bedarf: Im Laienchor arbeiten 60% „regelmäßig“ oder „immer wieder einmal“ ehrenamtlich mit. Im semiprofessionellen und im Profichor engagieren sich hingegen 57% bzw. 65% „eher selten“ oder „nie“.

Zwei Drittel aller Befragten sehen Verbesserunspotentiale in ihren Chören, ein Drittel ist mit dem Ist-Zustand zufrieden. Der größte Veränderungsbedarf wird der Qualifizierung der SängerInnen (25%) zugeordnet, ebenso verbesserbar sind die Kommunikation seitens der Leitung zu den SängerInnen (14%) und organisatorische Fragen (z.B. Terminplanung, 13%), knapp gefolgt von  künstlerischen Fragen (Programmierung 12%, künstlerische Arbeit 10%).

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Chor oder Blasmusik?

Bei meinem letzten Vortrag über erfolgreiches Chormanagement vor wenigen Tagen kam die Diskussion mehrmals auf die Blasmusik:

Erster Beitrag: Welche Bedürfnisse haben Mitglieder einer Blasmusikkapelle verglichen mit jenen der ChorsängerInnen als Stakeholder?

Interessante Frage, die es wert wäre, einmal näher untersucht zu werden. Die Bedürfnisse von ChorsängerInnen als Stakeholder habe ich von knapp einem Jahr untersucht (die Ergebnisse stehen zum Download zur Verfügung). Die wesentlichen Erkenntnisse daraus waren: Der Chor als soziale Einheit steht für die Mitglieder an oberster Stelle – noch vor den Fragen der Programmgestaltung oder der Frage nach der Person (oder Persönlichkeit) des künstlerischen Leiters. Ehrenamtliche Arbeit ist bei allen Chören für deren Bestand extrem wichtig. Gleichzeitig übernehmen in Amateurchören ca. 50 % der Mitglieder regelmäßig oder zumindest immer wieder einmal ehrenamtlich Arbeiten für das Kollektiv. Junge Menschen engagieren sich dabei deutlich weniger als ältere Menschen. Wie sieht es bei der Blasmusik aus? Sind die Strukturen und Grundaussagen vergleichbar? Hat jemand Untersuchungen oder Infos?

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Zweiter Beitrag: Die Schilderung der Einbindung eines Chores in das Dorffest.

Alle Vereine des Dorfes werden einbezogen – zumindest vordergründig. Die Blasmusik spielt eine ganze Weile, während die Menschen sich unterhalten und kulinarisch versorgen, sozusagen Begleitmusik, aber dank der Instrumente stets gut hörbar. Dem Chor wird ein Platz am Rand des Festplatzes zugewiesen. Mikrofonanlage gibt es keine und auch der Chor soll – wie die Blasmusik – ein paar Stücke zur Aufführung bringen. Unter diesen Voraussetzungen nimmt kaum jemand vom singenden Chor Notiz, Chormusik als Begleitmusik zum Dorffest funktioniert nicht. Der Raum (sowohl örtlich als auch im Ablauf des Festes) war eindeutig für die Erfordernisse des Chores ungeeignet. Man hat ihn zwar eingeplant, aber sich total verschätzt. Wie kommt so etwas zustande? Eine Frage von Unkenntnis oder Unverständnis? Eine Frage von Wertschätzung? Eine Frage des Stellenwerts?

Immer wieder – so wurde mir berichtet – wird von den Chorleitern verlangt, sich doch an der Blasmusik zu orientieren, dort liefe alles so wunderbar, dort könne man sich viel Positives abschauen.

Wäre einmal interessant, im Detail zu erfahren, was da besser läuft. Geht es da um Fragen des Nachwuchses? Oder um die den Vereinen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für den Instrumentenankauf, die Uniformen, die Unterstützung des Musikunterrichts? Oder um den Ruf? Oder um das Gemeinschaftsgefühl? Oder um die Gewöhnung an Alkohol? Oder um die Frage des sich für den Verein verantwortlich Fühlens und Mitwirkens bei allen Auftritten?

Diesmal mehr Fragen als Antworten … ich kam mit meinen Diskutanten auf keine befriedigenden Lösungen. Wer eine kennt, möge sie mir bitte umgehend zusenden!

Ehrenamt versus Hauptamt – Besonderheiten des Kulturbetriebs als Nonprofit-Organisation (4)

Nonprofit-Kulturbetriebe sind in der überwiegenden Mehrheit von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen getragen. Die Ambivalenz von Sinnorientierung und betriebswirtschaftlicher Effizienz findet ihren konkreten Niederschlag oft entlang der Differenz von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Während hauptamtliche MitarbeiterInnen in Erfüllung ihrer Aufgaben die Organisation, den Kulturbetrieb und dessen Ziele repräsentieren müssen, vertreten ehrenamtliche MitarbeiterInnen mehr die Seite des konkreten Sinns der übernommenen Aufgabe. Sie liefern kleine Puzzlesteine eines großen Mosaiks. Die Sicht auf langfristige Ziele, auf betriebswirtschaftliche Effizienz und die Einbettung der Aufgabe in eine Strategie zur Zielerreichung sind nicht oder nur unzureichend gegeben und werden selten ausdrücklich kommuniziert und vermittelt.

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Gerade das ist aber für die Qualität des Kulturbetriebs unerlässlich. Denn der Kunde, das Publikum, unterscheidet nicht, ob sich sein Gegenüber hauptamtlich oder ehrenamtlich engagiert, das, was zählt, ist die Qualität der Arbeit und die Kompatibilität mit dem gesamten Produkt.

Eine starke Identifikation mit der Mission und Vision des Kulturbetriebs für ehrenamtliche MitarbeiterInnen zu ermöglichen und zu erreichen ist unerlässlich, ebenso wie viel Aufmerksamkeit und Wertschätzung gegenüber den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Durch eine klare Definition der Inhalte, des Umfangs, der erforderlichen Qualifikation für die Übernahme von Aufgaben durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen, die Etablierung von Qualitätsstandards und die Vermittlung der dahinter liegenden großen inhaltlichen Ziele des Kulturbetriebs helfen, für die bestehenden Aufgaben ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen – denn sie wissen dann klarer, was von ihnen erwartet wird und können für sich selbst entscheiden, ob sie imstande sind, den Erwartungen gerecht zu werden.

Klare Ziele, definierte Leistungen, übersichtliche und nachvollziehbare Strukturen für haupt- und ehrenamtlich MitarbeiterInnen sind nicht Gegner, sondern Verbündete für all jene, die Sie sich am Kulturmarkt mit Ihrer künstlerischen Leistung behaupten wollen.

Neigung zur Abwehr von formalen Strukturen – Besonderheiten des Kulturbetriebs als Nonprofit-Organisation (3)

Bei der Betrachtung der Besonderheiten der Nonprofit-Kulturbetriebe folgt nun nach den Spannungsfeldern „Kunst versus Wirtschaft – Gegnerschaft oder Partnerschaft?“ und „Wünsche der Mitglieder und Mitarbeiter versus langfristige Ziele“ die dritte besondere Eigenschaft: Die Neigung zur Abwehr von formalen Strukturen.

Die Tendenz der Organisationsabwehr ist in NPOs stärker vorhanden als in gewinnorientierten Unternehmen. In profitorientierten Betrieben existieren meist klare formale Strukturen, ein Organigramm, Stellen und Zuständigkeiten sind definiert, ihnen ist formale Macht zugewiesen und auf dieser Basis werden Entscheidungen getroffen und gehandelt.

Anders in NPOs  – und das gilt für die Nonprofit-Kulturbetriebe nicht minder: formale Strukturen sind unklar, Zuständigkeiten nicht präzise formuliert und verbindlich, formale Macht wird tendenziell abgelehnt. Vielmehr wird personalisiert, d.h. ein Individuum, eine Persönlichkeit gestaltet ihren Aufgabenbereich – strenge Verhaltensregeln werden aufgelöst. Das gibt größere Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch größere Unsicherheit. Stellen Sie sich diese Situation in der Praxis so vor: „Jeder kann sich in alles einmischen und ist für nichts verantwortlich.“ (Von Eckhartstein / Simsa 2007, Entscheidungsmanagement in NPOs. S. 382. In: Badelt/Meyer/Simsa: Handbuch der Nonprofit Organisation. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2007)

Unklare Entscheidungskompetenzen oder die Differenz von formalen und informellen Regelungen sind die unliebsame Folge.

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Was ist konkret gemeint? Hierzu einige anschauliche Beispiele:

Hauptamtliche Mitarbeiter, die über mehr Zeit und Informationen verfügen, entscheiden über Agenden, die eigentlich im Entscheidungsbereich der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder liegen.

Noch konkreter: Ein Chormitglied setzt sich ständig über vereinbarte Verhaltensregeln im Entschuldigen von Fehlproben hinweg. Trotz der formalen Möglichkeit und Notwendigkeit, dieses Verhalten zu sanktionieren, nehmen die künstlerische Leitung oder das Führungsteam aus gruppendynamischen Überlegungen oder aus dem Bestreben, Konflikten aus dem Weg zu gehen, davon Abstand.

Die negativen Auswirkungen liegen auf der Hand: unangenehme Themen werden weitergeschoben, offene Fragen lange nicht oder unzureichend beantwortet, Uneinigkeiten zu gruppendynamischem Zündstoff. Interne und externe Anspruchsgruppen, die auf Informationen warten, müssen immer wieder vertröstet werden.

Klare Entscheidungsregeln, die auch eingehalten werden, ermöglichen rasches Handeln, geben allen Beteiligten Sicherheit und helfen den Bestand der Organisation zu sichern. In kontinuierlicher Rückbesinnung auf die Ziele des Kulturbetriebs ist abzuwägen, wo informelle Strukturen nicht nur zugelassen, sondern sogar positiv genutzt werden können und wo man besser in klaren formalen Strukturen aufgehoben ist.